Heinz Zak
Heinz Zak zählt seit langem zu den bekanntesten Kletterern Österreichs. Er ist einer der Pioniere des Sportkletterns. Neben der Erschließung heimischer Klettergärten und alpiner Routen bis zum 10. Grad gelangen dem Tiroler herausragende Leistungen in Patagonien, (3. Begehung von Royal Flash - 1.300 Meter, 8. Grad) und im Yosemite. Erste freie Begehung des El Capitan durch einen Österreicher, Nose – Route und Half Dome NW-Wand an einem Tag, 2. Free Solo Begehung vom Separate Reality. Als Bergsteiger gelangen Heinz Zak lange Winterüberschreitungen heimischer Gebirgsketten.
(36 Gipfel des Karwendel–Hauptkammes in 3 Tagen)
Und hier eine schöne Story über das Kletterleben von Heinz Zak und wie sich der Kreis schließt:
Abenteuer Neuland: Herzblut im Einsatz
Text: Heinz Zak
Meine ersten Jahre als Kletterer musste ich in den Kalkkögeln im Stubaital bei Innsbruck/Tirol verbringen. Brüchiger bis extrem brüchiger Fels sowie furchtbar schlechte Sicherungen in Form von uralten geschlagenen Haken machten die Kögel für uns zu einem sehr gefährlichen Spielplatz.
Allein schon der Gedanke, ins Seil zu stürzen, war einfach unmöglich! Es war die unreflektierte Forderung meines Vaters, zunächst im hauseigenen Gebiet ein guter Kletterer zu werden und dann erst woanders zum Klettern hin zu fahren. Die Kögel waren eine sehr harte Schule, die wir aus der heutigen Perspektive betrachtet nur zufällig überlebt hatten.
Den blanken Wahnsinn erlebten Anda Pölzl und ich bei der zweiten Begehung der Nordverschneidung an der Kleinen Ochsenwand (Schiestl/Staudinger). Als Standplatzsicherung im senkrechten Gelände hatte ich nur einen einzigen Haken, der aber so schlecht war, dass ich mich nicht einmal hineinsetzen wollte. Mit einer Hand hielt ich mich krampfhaft am Fels fest, mit der anderen Hand und den Zähnen sicherte ich Anda nach. Als wir beide am Stand waren, diskutierten wir darüber, ob wir es wagen sollten, an dem einen Haken abzuseilen. Nein! Die Flucht nach oben in einen senkrechten, brüchigen Sechser ohne jegliche Sicherung erschien uns als einziger Ausweg... ein Sturz von mir hätte unseren sicheren Tod bedeutet.
Was wir auf jeden Fall gelernt hatten: selbstverantwortlich und möglichst kontrolliert in zweifelhaftes Gelände hinein zu klettern – genau das, was man immer wieder bei Erstbegehungen braucht.
Inspiriert durch zwei Aufenthalte im Yosemite Valley wagte ich mich mit Hansjörg Leis in steiles Neuland am Schüsselkar. Als Prunkstück zierten drei Friends unsere Ausrüstung, einige Klemmkeile und Hexentric vervollständigten das spärliche Rack. Aufgrund der Ethik des hakenlosen Kletterns, die wir in den USA gesehen und praktiziert hatten, schlugen wir nur an den Standplätzen einige wenige Normalhaken. Unser Hexentanz der Nerven forderte uns alles ab: Klettern an der Sturzgrenze in schwierigstem Neuland mit der Ungewissheit, ob ich überhaupt noch die Möglichkeit und die Kraft haben würde, einen weiteren Klemmkeil zu legen. In Schlingen, ohne Biwakausrüstung und ohne Wasser biwakierten wir in der Wand. Nach einem ungesicherten Plattenquergang standen wir auf einmal an einem Standplatz mit neuen Bohrhaken in einer Route, die gerade erstbegangen worden war und von der wir nichts gewusst hatten.
In den nächsten Jahren verzichteten wir bewusst auf die Verwendung von Bohrhaken und mussten zuschauen, wie uns die schönen Linien an unserem damaligen Lieblingsspielplatz, dem Schüsselkar, weggebohrt wurden. Zumal wurden die Routen auch unter einem ganz anderen Aspekt eingerichtet: war es für uns immer wichtig gewesen, mit möglichst wenigen Sicherungen auszukommen, wurden jetzt Bohrhaken in moderaten Abständen gesetzt, die plötzlich einen ganz neuen Aspekt im Klettern aufzeigten: Klettern zum Spaß! Tolle Mehrseillängen, gut gesichert, dennoch die geliebte alpine Umgebung und ein hoher Schwierigkeitsgrad, der eben auch vollen Einsatz forderte... auf eine weniger verletzungsbezogene Weise.
Dass man auch trotz der Bohrhaken beim Klettern ein riesiges Abenteuer erleben kann, sah ich nur ein Jahr später im Yosemite: mit Wolfgang Güllich gelang mir in Wechselführung die auch heute (über 25 Jahre später) noch berühmteste Psychoroute der USA, die Bachar-Yerian am Medlicot Dome in Tuolumne.
An dem Tag, als Wolfgang und ich die Route kletterten, waren ganz zufällig am Wandfuß die besten Valley-Kletterer beim Bouldern. Eigentlich waren sie gekommen, um zu sehen, wie weit wir stürzen würden. Wolfgang hatte die Route ein Jahr zuvor mit einem Franzosen versucht, der sich bei einem 20 Meter Sturz in der zweiten Seillänge dann den Fuß gebrochen hatte. Diesmal stieg ich in diese Seillänge ein: die gefährliche Route mit Bohrhakenabständen bis zu 10 Metern hatte als besondere Tücke diese unberechenbaren Quarzkiesel – einerseits ermöglichten diese das Weiterklettern, andererseits konnten sie plötzlich zerbröseln... Die harte Schule der Kalkkögel machte sich einmal mehr bezahlt: einen kühlen Kopf bewahren, ganz langsam und bedächtig weiter steigen – auch wenn dies bedeutete, dass im senkrechten und kleingriffigen Gelände langsam die Kraft weniger wurde.
Jetzt bereits acht Meter über dem letzten Bolt: ich kann den nächsten, zuverlässig ausschauenden Kiesel um wenige Zentimeter nicht erreichen. Ich probiere, höhere Tritte zu finden... auch nicht zuverlässig. Nach mehrmaligem, eher nervigem Hin- und Hertreten entscheide ich mich zur kühnsten Variante: ich nehme mir mein Herz und mache einen dynamischen Zug auf den nächsten, sicher scheinenden Griff... geschafft!
Die Wiederholung dieser Route erschloss mir eine neue Welt des Kletterns: auch mit Bohrhaken konnten wir im Neuland richtige Abenteuer erleben!
Und im Lauf der Jahre kam noch ein ganz wichtiger, neuer Aspekt dazu: wir mussten ja nicht unbedingt eine wilde Route erstbegehen, sondern hatten auch die Möglichkeit, eine wirklich tolle, gut gesicherte Route zu hinterlassen.
So gelangen mir im Lauf der letzten 25 Jahre wunderbare Erstbegehungen zusammen mit Benni Hangl, Peter Gschwendtner, Peter Janschek, Georg Walch und in letzter Zeit vor allem mit Wolfi Falkner.
Nach über 30 Jahren Abstinenz von den Kalkkögeln hatte ich mit Markus Plattner mit der Erstbegehung Friends for Life eine ganz neue Perspektive in den alten Kögeln gefunden: dort, wo der Fels steil ist, ist er meist richtig gut zum Klettern. Mit Bohrhaken konnten wir in desem Fels verlässliche Sicherungspunkte setzen – und unsere moderate Route erfreute sich sofort großer Beliebtheit.
Mit Wolfi Falkner gelangen mir nun mehrere Erstbegehungen in ähnlichem Stil. Für unser großes Vorhaben in der legendären Riepenwand - eine der wildesten Wandfluchten in Tirol – hatten wir grundsätzlich keinen anderen Vorsatz. Aber schon ab der zweiten Seillänge sahen wir, dass wir in dieser großen Wand mit vollem Einsatz unterwegs waren: die Felsqualität oft zweifelhaft, kletterten wir vom letzten Bohrhaken in die steile Wand hinauf, oft 4-5 Meter über die letzte Sicherung hinaus in der Hoffnung, einen Skyhook legen zu können, der das Körpergewicht halten würde. Oft wurde nichts aus dem erhofften Ankerpunkt – aus der bloßen Kletterstellung, uns an einem einzigen Griff festhaltend, setzten wir mit der anderen Hand einen Bolt.
Dort oben zu hängen und stets einen 10-15 Meter weiten und teils sehr verletzungsgefährdeten Sturz vor Augen zu haben braucht etwas, das man durch nichts aufwiegen kann: den freiwilligen, vollen Einsatz für etwas, was man aus sich selbst heraus wirklich machen möchte. Für unsere Erstbegehung ist uns deshalb auch kein treffenderer Name eingefallen als Herzblut.
Solide Basis:
Langjährige Erfahrung und die bestmögliche Ausrüstung ist die unabdingbare Voraussetzung für kühne und gefährliche Unternehmungen. Hier verlasse ich mich nur auf das bestmögliche Material. Die Hardware muss ebenso stimmen wie das Programm im Kopf – in Stubai Bergsport habe ich seit über 25 Jahren einen zuverlässigen Partner!